Von bunten Sitzen, nationalen Gerichten und uncoolen Emails: herzlich willkommen in Bilbao

Hallo aus Bilbao. Mein Name ist Thorsten Vogt, ich bin Mediendirektor bei Brose Bamberg und nehme euch mit auf einen kleinen Blick hinter die Kulissen unserer Reise in die größte Stadt des Baskenlandes.

Spanien empfing uns mit Sonnenschein. Und mit den besten Hits der 1980er Jahre. Zunächst im Bus, dann im Hotel. Und es war alles dabei. Von „Spending My Time“ von „Roxette“ über “We are the Champions“ von „Queen“ bis hin zu „Wet Wet Wet“s „Love is all around“. Das eigentlich Interessante daran aber: Hylke van der Zweep, unser Assistant Coach, konnte sie alle. Auswendig. Textsicher. Daher, wenn ihr irgendwann einmal einen Karaokeabend plant und verlieren wollt – ladet Hylke ein…

Bilbao selbst ist eine tolle Stadt, von der wir selbstredend nichts mitbekommen. Außer dem, was man auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel zur Halle zum Hotel zur Halle zum Hotel zum Flughafen sieht. Das aber schaut toll aus. Was man aber bei jedem Gespräch mit einem Einheimischen, sei es Busfahrer, Kellner oder Kollege im hiesigen Basketballclub, merkt – der Stolz auf die eigene Stadt, die Geschichte. Bilbao wurde 1300 gegründet, ist die Hauptstadt der Provinz Bizkaia und die größte Stadt der Autonomen Gemeinschaft Baskenland. Mit knapp 350.000 Einwohnern ist Bilbo, wie die Stadt auf baskisch heißt, eine der zehn größten Städte Spaniens. Und eine der wenigen mit zwei Amtssprachen. Spanisch klar, aber eben auch baskisch. Und auch am heimischen Fußballclub erkennt man die Wichtigkeit der Herkunft: Der Athletic Club Bilbao ist seit jeher traditionell nämlich nur mit baskischen Spielern besetzt.

Untergebracht sind wir im Gran Hotel Bilbao, einem schicken Betonbunker nahe der Altstadt. Und lediglich fünf Busminuten von der Arena Bilbao entfernt. Kurze Wege also. In die Halle dürfen normalerweise 10.000 Besucher rein. Aber auch hier ist Corona ein großes Thema (es gibt etwa eine spanienweite Ausgangssperre ab 22 Uhr, Maskenpflicht gilt, sobald man das Haus verlässt und sogar beim Joggen), daher gibt es keine Zuschauer, sondern nur einige Pappkameraden, die hinter den Spielerbänken aufgestellt wurden. Die Sitze übrigens sind in bunten Farben gehalten. Warum? Damit man bei Sportübertragungen nicht sofort erkennt, dass die Plätze eventuell nicht besetzt sind. Noch deutlicher, da noch farbenfroher, ist das in Moskau der Fall. Ansonsten fehlt es uns an nichts. Vor allem das Essen ist hervorragend. Normalerweise gibt es bei uns immer nur Lachs und Hühnchen, dazu Süßkartoffeln, Reis, Nudeln, Gemüse und Salat. Und eine Suppe. Hier aber durfte auch ein spanisches Nationalgericht nicht fehlen. „Arroz a la Cubana“. Hört sich spektakulär an, ist aber eigentlich nur Spiegelei auf Reis mit Tomatensoße. Und trotzdem: es schmeckt himmlisch!

Reisen bildet. Und wenn viele unterschiedliche Nationalitäten zusammensitzen, dann noch mehr. Man erfährt vieles Nichtalltägliches. Sprachliches etwa. So gibt es ja einige deutsche Wörter, die auch eins zu eins im englisch-amerikanischen verwendet werden. Kindergarten zum Beispiel. Oder Weltschmerz. Wanderlust ist auch schön. Und natürlich Klatsch und Hefeweizen. Und seit knapp einer Woche weiß der geneigte Politikinteressierte, dass auch Dummkopf aus dem deutschen direkt ins englische gewandert ist. Soweit, so gut. Es gibt aber auch, wahrscheinlich mehr, zumindest aber ein sehr schönes Wort aus unserer Sprache, das Einzug in die niederländische gefunden hat. Na, eine Idee? Ich wäre auch nicht draufgekommen, aber es ist Fingerspitzengefühl. So, wieder was gelernt. Die Holländer wären aber nicht die Holländer, wenn sie nicht sagen würden: Pah, eigene Wörter in ein paar Sprachen kann jeder. Wir aber haben ein Wort, das es in allen Sprachen der Welt gibt. Keine Übertreibung. Stimmt wirklich. Apartheid. Wer hätte es gedacht und gewusst? Apartheid ist tatsächlich aus dem niederländischen Adjektiv apart für „getrennt, einzeln, besonders, anders“ hervorgegangen. Und wird in jeder Sprache der Welt so bezeichnet und gesprochen. Wahnsinn. Die Holländer. Können kein Fußball spielen, aber haben ein weltweit gültiges Wort…

Zum Abschluss nochmals zurück nach Hamburg. Verloren. Gegen die Towers. Doof? Ja. Unnötig? Sicherlich. Konnte jeder sein Maximum abrufen? Anscheinend nein. Daher selbst verschuldet? In jedem Fall. Absichtlich? Sicherlich nicht. Davon könnte man aber ausgehen, wenn man sich einige Kommentare in den Sozialen Medien durchliest. Glaubt ihr allen Ernstes, den Jungs macht es Spaß, so eine Klatsche zu bekommen, wie gegen Ludwigsburg im Pokal? Oder ein Spiel so aus der Hand zu geben, wie jetzt gegen Hamburg? Ich würde euch gerne einmal nach solch einer Partie mit in den Bus nehmen. Oder mit zum Abendessen ins Hotel. Da wird kein Wort gesprochen. Keines. Geisterstimmung. Wenn ich dann noch Mails bekomme, wie von Herrn E. nach dem Hamburg-Spiel, in dem vorgeschlagen wird, alle Spieler in den Steinbruch zu schicken und ihnen zwei Wochen nur Wasser und Brot zu geben – dann ist das zumindest uncool. Das Thema der anonymen Anfeindungen ist ja beileibe kein neues, es muss aber immer mal wieder ins Gedächtnis gerufen werden. Natürlich ist dies nur eine kleine Prozentzahl unserer ansonsten sensationellen und reflektierenden Fans, aber es gibt sie eben. Und ab und an muss ich das auch mal rauslassen. Kritik immer gerne und jederzeit. Aber bitte nicht unter der Gürtellinie. So, damit aber auch genug davon und hin zu einem ebenso etwas deprimierenden Thema. Also für mich zumindest. Beim letzten virtuellen Fan-Stammtisch mit Chase Fieler waren nämlich gerade einmal 18 Fans anwesend. Minusrekord. Fragen kamen auch kaum welche. Ich bin etwas ratlos, wenn ich ehrlich bin. Wir möchten euch die Jungs näherbringen, wenn ihr ihnen aufgrund Coronas schon nicht näherkommen dürft. Das Interesse scheint allerdings nicht da zu sein. Schade eigentlich, denn wir machen das gerne und wollen vor allem in der aktuellen Situation so nahbar wie möglich sein. Und wenn das nur virtuell geht, dann dachte ich, dass da mehr Input kommen würde. Daher mal sehen, was wir sonst noch anbieten können. Gäbe es ein Format, dass euch besser gefallen würde, als der direkte Austausch? Dann gerne jederzeit her damit…

Soviel von hier und jetzt. Wie immer, so gilt auch heute: wenn ihr Fragen habt, euch etwas auf und unter den Nägeln brennt, ihr Kritik äußern wollt – mein Email-Postfach ist immer und jederzeit offen: thorsten.vogt(at)brosebamberg(dot)de. Des Weiteren gibt es den nächsten Blog, also wenn Corona keinen Strich durch die Rechnung macht, am 23. Dezember aus Karsiyaka. Wobei die Kollegen dort nicht nur von Corona betroffen sind – aktuell haben sie sechs positive Fälle, daher auch die Spielverlegung der Partie gegen Bologna –, sondern sie haben auch noch mit den Folgen des schweren Erdbebens vor einer Woche nahe Izmir zu kämpfen. Daher, mal sehen, ob und wenn ja wie das Spiel vonstatten gehen wird. Wir halten euch auf unseren diversen Kanälen in jedem Fall auf dem Laufenden.

In diesem Sinne, bleibt sportlich!

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